Joachim Falkenhagen Planufer
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Vorschläge zur Besserstellung von Haushalten mit Kindern und
Stabilisierung des Sozialsystems
In der Diskussion sind verschiedene
Varianten für eine relative Besserstellung von Menschen mit Kindern, sei es In
der Form einer Sonderabgabe für Kinderlose oder verbesserten Rentensprüchen für
Mütter.
Es gibt jedoch eine
wesentliche, ungerechtfertigte Belastung für Arbeitnehmer mit Kindern,
vielleicht nicht ohne weiteres als solche erkennbar, die stattdessen
vordringlich abgeschafft bzw. eingeschränkt werden sollten.
Durch nichts gerechtfertigt ist die Belastung der für die
Versorgung von Kindern verwendeten Einkommensanteile mit
Rentenversicherungsbeiträgen.
Diese Ungerechtigkeit sollte
zuerst abgeschafft oder wenigstens eingeschränkt werden. Man könnte die
Freistellung des Versorgungsaufwands für Kinder von Beiträgen auch als
„Familiensplitting im Rentenbeitrag“ bezeichnen.
Natürlich wäre auch ein
Familiensplitting in der Einkommensteuer steuersystematisch angezeigt, aber
wegen der wesentlich höheren fiskalischen Wirkung ist dieses sehr schwer
durchsetzbar. Eine Freistellung des für die Kinder verwendeten Gehaltsanteils
von Rentenbeiträgen würde zudem (fast) allen Arbeitnehmern mit Kindern zu Gute
kommen, auch denjenigen mit Einkommen unterhalb des Steuerfreibetrags, weil die
Rentenversicherung ab dem ersten Euro des Gehalts Abzüge vornimmt.
Ich möchte dies gern näher
begründen und beginne mit einem Vergleich verschiedener Einkünfte:
·
Das
Kindergeld, das bei einkommensschwachen Haushalten einen größeren Teil
des Versorgungsbedarfs deckt, wird ohne Abzug von Rentenbeiträgen ausbezahlt –
zu Recht.
·
Ebenso
gibt es keine Rentenbeiträge für Leistungen nach SGB II (Hartz 4), auch für den
auf die Kinder entfallenden Anteil dieser Leistungen.
·
Bei
kinderlosen Haushalten wird zu Recht das gesamte Gehalt (bis zur
Bemessungsgrenze) mit Rentenbeiträgen belastet. Das entspricht einerseits dem
Leistungsfähigkeitsprinzip, andererseits wird damit eine Rentenhöhe
proportional zum gewohnten Lebensstandard gewährleistet.
·
In
Haushalten mit Kindern ist es entsprechend gerechtfertigt, den Einkommensanteil
zu Rentenbeiträgen heranzuziehen, der für die Deckung des Lebensstandards
der Eltern bzw. des alleinerziehenden Elternteils verwendet wird. Dies
führt dann ebenfalls zu einer Rentenhöhe, die sich am früheren Lebensstandard
bemisst.
·
Kommen
wir nun zu dem Einkommensanteil, der in Haushalten mit Kindern für die
Versorgung der Kinder und für deren Lebensstandard verwendet wird. Diese
Kinder werden später als Erwachsene ihre eigenen Rentenbeiträge leisten und
damit Rentenansprüche für ihre eigene Altersversorgung aufbauen. Aus
gesellschaftlicher Sicht handelt es sich bei dem Versorgungsaufwand für die
Kinder um eine Investition in Humankapital, das sich später durch
Beitragsleistungen dieser Generation auszahlt. Versteht man Kinder mehr als
Teil des Lebensstandards der Eltern, so fallen doch die entsprechenden Ausgaben
weg, wenn die Kinder erwachsen werden, also in der Regel vor dem
Renteneintrittsalter der Eltern. Unter dem Gesichtspunkt der Altersversorgung
im Verhältnis zum gewohnten Lebensstandard der Eltern werden jedenfalls keine
zusätzlichen Rentenbeiträge benötigt.
Im Prinzip gibt es drei
begründbare Herangehensweisen für den Teil des Einkommens, der für die
Versorgung der Kinder verwendet wird:
a)
Erhebung
von Rentenbeiträgen und Gutschrift auf dem Rentenkonto der Kinder, also Erwerb von
Rentenansprüchen der Kinder im Verhältnis zum gewohnten Lebensstandard;
b)
Erhebung
von Rentenbeiträgen und Gutschrift auf dem Rentenkonto der Eltern (gegenwärtige
Gesetzeslage) also Erwerb von Rentenansprüchen der Eltern im Verhältnis zu dem
bislang für die Kinder eingesetzten Versorgungsbedarf und über den gewohnten
Lebensstandard der Eltern hinaus;
c)
Keine
Erhebung von Rentenbeiträgen.
Variante a) und b) sind
gleichermaßen falsch, weil die jetzigen Kinder als Erwachsene über ein eigenes
Einkommen verfügen können und den Eltern bei deren Rentenantritt i.d.R. nicht mehr auf der Tasche liegen.
Die Wirkung meines Vorschlags
möchte ich nun am Beispiel einer Familie mit einem Kind erläutern, dessen
Eltern neben dem Kindergeld monatlich (netto) 240 € aus dem eigenem Lohn- bzw.
Gehaltseinkommen für den Bedarf des Kindes aufwenden. Das Einkommen liegt noch
unter dem Freibetrag der Einkommensteuer. Der Einfachheit halber rechne ich mit
einem Beitragssatz von 20% für die Rentenversicherung und weiteren 20% für die
übrigen Sozialversicherungen. Arbeitgeber und Arbeitnehmer tragen jeweils die
Hälfte der Beiträge, Sonderfälle wie die Umlagen U1 und U2 sind vernachlässigt.
Die Rechnung gilt entsprechend auch für Alleinerziehende.
Nach geltendem Recht ergibt sich folgendes Bild für den für das Kind
verwendeten Einkommensteil:
Gesamte Leistung =
Arbeitgeber-Aufwand |
360
€ |
|
Arbeitgeber-Anteil
Rentenversicherung |
|
30
€ |
Arbeitgeber-Anteil übrige
Sozialversicherung |
|
30
€ |
Gehalt, brutto |
300
€ |
|
Arbeitnehmer-Anteil
Rentenversicherung |
|
30
€ |
Arbeitnehmer-Anteil übrige
Sozialversicherung |
|
30
€ |
Nettogehalt (Anteil
Versorgung Kind) |
|
240
€ |
Summe
Sozialversicherungsbeiträge |
|
120
€ |
Um die genannten 240 € netto herauszubekommen
(zusätzlich zu dem für den eigenen Bedarf der Eltern verwendeten Einkommen),
müssen die Eltern ein (zusätzliches) Bruttoeinkommen von 300 € verdienen. Die
paritätisch getragenen Sozialversicherungsbeiträge erreichen eine Höhe von 120
€. Da der Arbeitsgeber davon 60 € Beiträge zahlen muss, beträgt der
Arbeitgeber-Aufwand 360 €, der durch entsprechende Arbeitsleistungen der Eltern
gedeckt werden muss.
Sind diese Abzüge
gerechtfertigt?
·
Der
größte Anteil der „übrigen Sozialversicherungsbeiträge“ entfällt auf den
Krankenkassenbeitrag. Die Krankenversicherung leistet im Grundsatz
einkommensunabhängig, und das auch für Arztbesuche der Kinder. Ein Abzug von
Krankenkassenbeiträgen von dem Einkommen, das für den Bedarf der Kinder
erwirtschaftet wird, ist also systemgerecht.
Hier liegt also keine auffällige familienbezogene Benachteiligung vor.[1]
·
Wenn
die Eltern arbeitslos werden, benötigen und erhalten sie entsprechende höhere
Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung, um den Bedarf der Familien weiterhin
halbwegs decken zu können. Auch hier ist also ein Beitrag proportional zum
gesamten Einkommen angemessen.
·
In
der Pflegeversicherung gibt es bereits einen Zuschlag für Kinderlose, hier
besteht insofern kein dringlicher Handlungsbedarf.
·
Im
Beispiel werden 60 € der für den Bedarf
der Kinder erbrachten Arbeitsleistung an die Rentenversicherung abgeführt (je 30 € Arbeitgeber- und
Arbeitnehmeranteil, faktisch aber alles durch die Arbeitsleistung verdient).
Dies ist nicht gerechtfertigt und muss geändert werden !
Der für die Kinder verwendete
Anteil am Familieneinkommen ist je nach Familie unterschiedlich. Bei gleichem
Einkommen zweier Familien wird die eine mehr Geld für die Eltern ausgeben,
beispielsweise für ein schnelles Auto der Mutter, und die andere mehr für die
Kinder, beispielsweise für Klavierstunden des Sohnes. Viele Ausgaben einer
Familie sind ja auch nicht eindeutig einzelnen Personen zurechenbar (z.B.
gemeinsam genutzte Räume in der Wohnung, Stromverbrauch des Kühlschranks) und
ein Teil des Einkommen fließt nicht in den Lebensstandard von Eltern und
Kindern, sondern in Ersparnisse. Natürlich muss man im Abgabenrecht eine
einheitliche und pauschalierende Vorgehensweise wählen.
Die Ausgaben für die
Lebenshaltung je Kind liegen im Allgemeinen nicht über denen je Elternteil. Bei
einem Paar mit einem Kind werden also nur selten mehr als ein Drittel der
gesamten Ausgaben für die Lebenshaltung auf das Kind entfallen (plausibel wäre
ein höherer Anteil am ehesten in Gebieten mit hohen Mietpreisen, wenn sich die
Eltern ein Schlafzimmer teilen, während das Kind ein eigenes Zimmer hat, und
das Einkommen nicht für ein Auto der Eltern recht).
Allgemein anerkannte Maßstäbe
zur Verteilung des Einkommens auf den Bedarf der Kinder und der Eltern gibt im
Unterhaltsrecht. Angewendet wird dies für getrennte Familien, aber die
Bedarfsermittlung beruht zunächst auf der Leistungsfähigkeit der Familien vor
der Trennung. Auf Basis der Bedarfssätze der Düsseldorfer Tabelle könnte man
also die Größenordnung aufzeigen, welchen Einkommensanteil unser Rechtssystem
im Mittel den Kindern als Bedarf zuordnet. Daraus könnte man dann ableiten, in
welchem Maß dieser Einkommensanteil durch Rentenbeiträge belastet wird.[2]
Aus Kostengründen wird sich
eine Reform allerdings eher an der unteren Grenze des Versorgungsanteils für
die Kinder bewegen müssen. Dies könnte beispielsweise bedeuten, dass bei einem
Paar mit einem Kind ein Sechstel des Nettoarbeitseinkommens dem Bedarf des
Kindes zugeordnet wird.
Eine einfache Herangehensweise
wäre es, bei Paaren mit einem Kind ein Sechstel des Arbeitseinkommens von
Rentenbeiträgen freizustellen. Nachdem der Arbeitgeberbeitrag stets gleich sein
sollte, würde also ein Drittel des Einkommens nicht mit Arbeitnehmerbeiträgen
zur Rentenversicherung belastet werden. Dies soll am Beispiel eines
Bruttoeinkommens von 1.800 Euro dargestellt werden:
Vorschlag Gesamte Leistung =
Arbeitgeber-Aufwand |
Ein
Kind 2.260
€ |
|
|
|
Arbeitgeber-Anteil Rentenversicherung |
|
180
€ |
|
|
Arbeitgeber-Anteil übrige Sozialversicherung |
|
180
€ |
|
|
Gehalt, brutto |
1.800
€ |
|
|
|
Arbeitgeber-Anteil Rentenversicherung (2/3) |
|
120 € |
|
|
Arbeitgeber-Anteil übrige Sozialversicherung |
|
180
€ |
|
|
Nettogehalt |
|
1.500
€ |
|
|
Summe Sozialversicherungsbeiträge |
|
660
€ |
(statt
720) |
|
Im Beispiel würde also der
Rentenbeitrag um 60 Euro niedriger ausfallen als bei voller Beitragserhebung.
Das Beispiel wurde so gewählt,
dass die „Einsparung“ von 60 Euro gerade der ungerechtfertigten Belastung
entspricht, wie sie in dem Zahlenbeispiel der ersten Tabelle ermittelt wurde.
Beide Tabellen können dieselbe Familie vor und nach der Reform beschreiben. Ein
Eigenaufwand im Beispiel von 240 Euro für ein Kind bei einem Einkommen von
1.800 Euro liegt sicherlich im Rahmen des Üblichen. Zusammen mit dem Kindergeld
von 184 € beträgt der Versorgungsaufwand für das Kind dann 444 €, während sich
die Eltern die übrigen 1.260 € teilen können. Sie verfügen dann über 630 € je
Erwachsenem bzw. 42% mehr pro Kopf als das Kind.
Eine einfache und
nachvollziehbare Regelung wäre es, wenn
·
bei
Paaren mit einem Kind ein Drittel des Arbeitnehmeranteils des Beitrags zur
Rentenversicherung entfällt und an den Arbeitnehmer ausbezahlt wird, bzw.
insgesamt ein Sechstel des Einkommens freigestellt wird
·
bei
zwei Kindern entfallen zwei Drittel des Arbeitnehmeranteils,,
·
bei
drei und mehr Kindern entfällt der gesamte Arbeitnehmeranteil zur
Rentenversicherung.
Für den Arbeitgeberbeitrag
bleibt die Zahl der Kinder irrelevant.
Dies wäre eine einfache
Umstellung in einem bestehenden System an einer Stelle, die derzeit ungerecht
und schlecht begründet ist. Natürlich wäre eine höhere Entlastung noch schöner,
aber es handelt sich immerhin um einen Einstieg. Die den Familien zustehenden
Beträge hängen nicht vom Verlauf der Steuerprogression ab, daher ist diese
Reform leichter umsetzbar als ein Familiensplitting bei der Einkommensteuer.
Zwei Aspekte sind besonders zu
beachten:
·
Natürlich
entgehen dem Rentenversicherungssystem zunächst Einnahmen, nämlich in
Höhe von ca. 3,3%, 6,7% bzw. 10% des Bruttogehalts der Familien mit Kindern.
Bei einer durchschnittlichen Kinderzahl von 1,4 und eine begrenzten
„Verweildauer“ der Kinder bei den Eltern könnte das im Mittel eine
Beitragseinbuße von gut 2% des Bruttogehalts aller Arbeitnehmer ergeben, bzw.
knapp 2% bezogen auf den Bruttoarbeitsaufwand der Arbeitgeber. Dies ist eine
beachtliche Entlastung für die Familien und natürlich muss hierfür ein
fiskalischer Ausgleich geschaffen werden.
o
Dies
könnte teilweise durch Minderungen der nominellen Rentenzuwächse und andere
Einsparungen in der Rentenversicherung aufgefangen werden. Der größere Anteil
muss aber durch zusätzliche Einnahmen bzw. Ausgabensenkungen an anderer Stelle
erwirtschaftet werden.
o
Soweit
Arbeitnehmerhaushalte durch diese Entlastung gerade die Bedarfssätze gemäß SGB
II (Hartz 4) überschreiten, kommt ihnen die Entlastung nur anteilig mit dem
übersteigenden Anteil zu Gute. Wer mit seinem Arbeitseinkommen trotz etwas
geringerer Abzüge weiterhin unterhalb der Hartz 4-Grenze liegt, bekommt per
Saldo nicht mehr. Dies wird einen kleinen Teil des Gesamtbetrags refinanzieren.
o
Zum
fiskalischen Ausgleich könnte u.a. auch
eine geringfügige Anhebung des Regelbeitrags gehören, bzw. der Verzicht auf
eine Absenkung auf 19%.
o
Die
an anderer Stelle erwirtschafteten Mehreinnahmen des Fiskus werden zu einem
Teil von Haushalten mit Kindern selbst getragen werden (was die
Entlastungswirkung etwas mindert), zum größeren Teil aber von Kinderlosen.
Damit wird im Prinzip die gleiche Verteilungswirkung erreicht wie mit einer
„Sonderabgabe“ für Kinderlose. Die Verteilungswirkung kommt aber in Gestalt
einer gerechteren Behandlung und Entlastung der Eltern daher und nicht in Form
einer diskriminierenden Sondersteuer für Kinderlose.
o
Zur
Erzielung zusätzlicher Einnahmen könnte bei Eltern mit Einkommen über der
Beitragsbemessungsgrenze eine modifizierte Berechnung erfolgen, so dass bei
recht hohen Einkommen der bisherige Höchstsatz der Rentenbeiträge (in €) auch
von Paaren mit Kindern erhoben wird. Dazu würde die Beitragsbemessungsgrenze
nicht auf der Ebene des gesamten Gehaltskommens berücksichtigt also durch die Reform keine Entlastung
zustande kommt.
o
Zur
Erzielung zusätzlicher Einnahmen könnte bei Ehepaaren bzw. kinderlosen
Ehepaaren eine Art Splittingverfahren eingeführt werden, was zur Folge hätte,
dass bei einem Einkommen eines Partners deutlich über der
Beitragsbemessungsgrenze die Beiträge insgesamt den Wert erreichen, der sich
sonst in der Summe von zwei Einkommen in Höhe mindestens der
Beitragsbemessungsgrenze ergibt. Infolge des regressiven Verlaufs der
Sozialbeiträge führt ein derartiges Splittingverfahren in der
Sozialversicherung zu höheren Beiträgen in der Sozialversicherung als das
bisherige System; dies kompensiert somit einen Teil des Splittingvorteils in
der Einkommensteuer, der dort die Folge eines progressiven Tarifverlaufs ist.
[Eine Abschaffung des Splittingverfahrens wird hier abgelehnt, da dieses aus
steuersystematischen Gründen gut begründet ist, zudem würde dies auch wieder
gerade Familien treffen.]
o
Zwischen
Arbeitslosen- und Krankenversicherungen mit ihren Überschüssen einerseits und
der Rentenversicherung andererseits könnten Beitragssätze umgeschichtet werden;
das ginge dann zu Lasten der Rücklagenbildung bei ersteren.
o
Prinzipiell
möglich wäre eine mäßige Senkung des Kindergelds (bzw. der Verzicht auf eine
Anhebung) und der Kinderfreibeträge, was einen Teil der Verteilungswirkung der
Reform kompensieren würde. Dies könnte man in Betracht ziehen, wenn sonst die
Mittel für eine „runde“ Reform der Rentenbeiträge fehlen und per Saldo allen
Arbeitnehmer-Eltern ein Vorteil verbleibt, wäre aber sicherlich nicht Teil
eines ersten Vorschlags.
o
Bei
Familien mit Kindern ist mit einer höheren Ausgabenneigung zu rechnen als bei
Kinderlosen, die mehr Geld zum Sparen übrig haben, so dass das umverteilte
Einkommen auch die Wirtschaft ankurbelt und wenigstens zu höheren
Umsatzsteuer-einnahmen führt. Einem Teil der Familien wird der zusätzliche
Geldsegen den Erwerb von Wohneigentum ermöglichen und dadurch in besonderem
Maße die Konjunktur ankurbeln.
o
Falls
andere europäische Länder die Konsolidierung der Haushalte ernst nehmen und
damit die Wirtschaft abbremsen wäre ein etwas höherer Verschuldungspfad in
Deutschland unter konjunkturellen Gesichtspunkten vorübergehend hinnehmbar.
o
In
einem Wahljahr sind finanzielle „Wohltaten“ mit Breitenwirkung am ehesten
durchsetzbar. Ihre Einführung mindert zudem den finanziellen Spielraum der
Folgeregierung und damit die Möglichkeiten für seriöse Wahlversprechen der
Opposition.
·
Die
niedrigeren Rentenbeiträge der Familienhaushalte gemäß diesem Vorschlag führen
auf lange Sicht zu niedrigeren Rentenansprüchen der „ehemaligen“ Eltern.
Die Rentenansprüche der kinderlosen Haushalte dagegen sollen durch die Reform
grundsätzlich unverändert bleiben.
o
Damit
wird ebenfalls ein Beitrag zur langfristigen Stabilisierung der
Sozialversicherungen geleistet. Damit wird eine ähnliche Wirkung erreicht, wie
sie mit der „Demografie-Reserve“ im Vorschlag der jungen Gruppe beabsichtigt
war. Statt einer externen Fondslösung – bei der eine Rücklage womöglich durch
den Kauf von Staatsanleihen gebildet würde, die dann nach Jahrzehnten wieder
freigegeben würden – wird direkt der Finanzbedarf der Sozialversicherung
gemindert. Eine Fondslösung bietet bei gleichzeitig fortschreitender
Staatsverschuldung nur einen scheinbaren Konsolidierungsbeitrag.
o
Insofern
besteht ein Finanzierungsbedarf aus der Reform nur vorübergehend bis zum
Rentenantritt dieser Elterngeneration. Danach korrespondieren die
beitragsfreien Einkommensanteile mit niedrigeren Rentenzahlungen.
o
Die
geringeren Rentenansprüche bedeuten keine Schlechterstellung der Gruppe der
Familien gegenüber der Gruppe der kinderlosen Rentner. Schließlich sollen die
Rentenansprüche der Kinderlosen unverändert bleiben – ihre Renten werden mit
und ohne Reform von der erwachsen gewordenen Kindergeneration aufgebracht. Allerdings gibt es nur innerhalb der Gruppe
der Familien auf lange Sicht eine gewisse Umverteilung, weil die (ehemalige)
Kindergeneration weniger Lasten für die (ehemalige) Elterngeneration aufbringen
muss. Dieser Vorteil wird dann aber wiederum denjenigen zufließen, die die
Enkelgeneration aufziehen.
o
Es
ist angemessen, wenn sich die spätere Rente an dem orientiert, was die Eltern
während ihrer Berufstätigkeit für ihren eigenen (!) Bedarf verwenden konnten,
nicht an dem Bedarf der gesamten Familie.
o
Man
könnte nun einwenden, die heutige Elterngeneration würde sich nach Auszug der
erwachsenen Kinder daran gewöhnen, das gesamte Einkommen für den eigenen Bedarf
zu verwenden. Mithin müsste sich auch die
Rentenhöhe daran orientieren, und nicht an dem niedrigeren
Pro-Kopf-Einkommen der Familie, als die Kinder noch im Haus waren. Dafür wäre
durch entsprechende Beiträge vorzusorgen, was Rentenbeiträge auf das gesamte
Gehalt wie in der gegenwärtigen Regelung rechtfertigt.
Diese Überlegung mag für die heutige Rentnergeneration zugetroffen, bei der die
Frauen oft mit Anfang 20 Kinder bekamen, viele Kinder mit 20 Jahren
wirtschaftlich selbständig waren und viele Eltern danach noch 20 Jahre bis zum
Renteneintritt hatten. Wenn die heutige Elterngeneration ihre Kinder oft mit
Mitte 30 bekommt, bleibt nach 25 Jahren Ausbildungszeit der Kinder nur eine
geringe Restdauer bis zum Renteneintritt der Eltern. Dies gilt besonders für
die Lebensplanung von AkademikerInnen mit späterer Familiengründung und die
Eltern von studierenden Kindern. Es bleibt also nur noch wenig Zeit bis zum
Rentenantritt, in der sich die Eltern an ihr höheres Pro-Kopf-Einkommen
gewöhnen könnten, das nicht mehr mit den Kindern geteilt werden muss. In den
Jahren bis zum Rentenantritt wird vielmehr ein größerer Einkommensteil für die
private Altersvorsorge benötigt. Nebenbei gäbe es ja die geringfügig größere
Belastung für die wieder „kinderlosen“ Eltern von Erwachsenen infolge der
vollständigen Beitragsabzüge.
o
Der
Vorschlag der jungen Gruppe verschont die unter 25-jährigen Kinderlosen und
auch die (Doppel-) Verdiener, deren Kinder bereits aus dem Haus sind, von der
angedachten Sonderabgabe. Vorstehender Vorschlag konzentriert dagegen die
unterschiedliche Behandlung auf die Frage, ob momentan Kinder im Haus sind und
vermeidet eine willkürliche „Altersgrenze“. Die Besserstellung kommt gezielt
den Eltern in der Zeit zugute, in der sie Kinder großziehen.
Die etwas komplexere
Beitragserhebung bzw. -rückerstattung könnte ggf. durch eine Abrechnung am
Jahresende auf Ebene der Finanzämter erfolgen. Ein gewisser zeitlicher Versatz
bis zur Rückerstattung an die Familien wäre hinnehmbar, weil die Regelung ja
neu eingeführt würde und die so begünstigen Familien bislang ohne diese Beträge
ausgekommen sind. Bei Alleinerziehenden könnte die Entlastung des „anderen“
Elternteils auf diese Weise der/dem Alleinerziehenden gutgeschrieben werden (in
einigen Fällen ergäbe sich anteilig eine Verrechnung mit Unterhaltszahlungen
oder mit Leistungen nach SGB 2/Hartz 4 an die Alleinerziehenden).
Die Regelung sollte in eine
gerechte Gesamtlösung für junge Erwachsene in der Ausbildung/Studium
eingebettet werden. Eine übermäßige Entlastung der Studentenfamilien (mit
Entlastung sowohl der Eltern wie auch der Heranwachsenden bei Jobs als Werkstudent)
sollte vermieden werden. Im Vergleich zum bisherigen Status quo wäre bereits
eine Entlastung bloß der Eltern von minderjährigen Kindern eine große
Verbesserung. Eine einfache Altersgrenze ohne Besonderheiten für
Studenteneltern wäre auch unbürokratischer.
Bei den Minijobs bräuchte man
nichts ändern.
Laut Koalitionsvereinbarung
von 2009 auf Bundesebene ist es „Ziel dieser Koalition, die wirtschaftliche und
soziale Leistungsfähigkeit der Familien weiter zu stärken“ (III. 1).
Betont wird gleichzeitig die grundgesetzlich gewährleistete Verantwortung der
Eltern, für ihre Kinder zu sorgen. Beides kann am besten gewährleistet werden,
wenn die Eltern einen größeren Teil ihres selbst erwirtschafteten Einkommens
behalten und für die Versorgung der Familie einsetzen können.
Weiterhin heißt es dort zur
„Verbesserung der Kindererziehung in der Alterssicherung“ bei der
Rentenversicherung (III .8, Seite 84): „Wir werden im Rahmen der finanziellen
Möglichkeiten prüfen, wie wir die familienpolitische Komponente stärken und
deshalb Erziehungsleistungen in der Alterssicherung noch besser
berücksichtigen können“. Genau dies wird mit vorliegender Entlastung der
Familien erreicht. Zusätzliche, nicht finanzierbare und nicht
beitragsäquivalente Versprechungen für Rentner (statt für Familien), die früher
einmal Kinder zu versorgen hatten, werden dagegen vermieden.
[1] Die kostenfreie Mitversicherung der Kinder ist aber auch
keine reine familienpolitische Wohltat.
Man könnte – zu Zwecken der Analyse – nur das für den Lebensstandard der Eltern
verwendete Einkommen dem normalen Krankenkassenbeitrag unterwerfen. Die Eltern
erhielten dann die gleichen Krankenkassenleistungen wie alle anderen und
zahlten denselben Beitrag wie kinderlose Arbeitnehmer mit demselben
pro-Kopf-Haushaltseinkommen.
Würde man nun den Familien die Möglichkeit geben, aus dem für die Kinder
verwendeten Gehaltsanteil eine private Krankenversicherung für die Kinder
abzuschließen, wäre das für viele billiger als der auf diesen Gehaltsanteil
entfallende Beitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung. Schließlich werden
Kinder nicht allzu oft krank oder haben jedenfalls preiswertere Erkrankungen,
könnten also relativ günstig privat krankenversichert werden. Entsprechend
niedrig ist der Behandlungsaufwand in der gesetzlichen Krankenkasse.
Beispiel: Unterhaltsaufwand aus Gehaltseinkommen für das Kind 400 Euro,
korrespondierender Anteil am Bruttoeinkommen vor Einkommensteuern 600 Euro bei
einem Grenzsteuersatz der ESt von 33%, Krankenkassenbeitrag 15% = 90 Euro –
also mehr, als der Aufwand der gesetzlichen Krankenkassen für Kinder. In dieser
Sichtweise stellt die Familienversicherung also keine Subvention für die
Familien dar, sondern führt für viele Familien zu einer höheren Belastung. Ein
Teil der indirekt auf die Kinder entfallenden Beiträge der Krankenkassen wird
so zur Deckung von deren Alterslasten verwendet (alte Versicherte werden öfter
und teurer krank als junge).
[2] Meiner Meinung stellt
die Düsseldorfer Tabelle gerade bei höherem Familieneinkommen den Bedarf der Kinder
zu niedrig dar. Vielleicht war das früher anders als heute.