Offener Brief an die Delegierten des "kleinen Grünen-Parteitags" am 28.9.2013

Grün-schwarz: Ziele formulieren!

 

3.690.314 Wähler haben ihre Zweitstimme nicht den Grünen gegeben, um jetzt möglichst eine Große Koalition zu bekommen.  Eine Koalition Grüne-Union wäre wenigstens das kleinere Übel.  5 Stimmen Vorsprung im Bundestag reichen nicht für ein Drei-Parteien-Bündnis.

 

Viele sozial- und gesellschaftspolitische Ziele sind mit einer rot-grünen Koalition ab 2017 gut zu verwirklichen, falls es dann eine Mehrheit gibt.

In ökologischen Fragen hatte die SPD mit Kanzler Schröder schon 1998-2005 vieles geblockt. Damit dies 2017 nicht ähnlich passiert, plädiere ich dafür, in Verhandlungen mit der CDU/CSU die ökologischen Zielstellungen ganz weit nach vorne zu stellen, einschließlich Verkehr und Energiewende.

 

Die Union ist trotz ihres Erfolges in einer schwachen Position. Als „schwarze Witwe“ muss die Bundeskanzlerin dem nächsten Koalitionspartner schon etwas bieten.
Die SPD will die Große Koalition nicht wirklich, und wer 2017 rot-grün möchte, kann eine erneute Schwächung der SPD auch nicht wollen.

Der kleinere Partner einer Koalition muss spürbare Erfolge nachweisen, um gestärkt aus ihr hervorzugehen. Was nutzt es, in allerlei Politikfeldern hier und da kleine Veränderungen zu erreichen? Damit sind  SPD und FDP in den letzten acht Jahren schon gescheitert.

Bei Fokussierung auf wenige Themen sind die realistisch zu erwartenden Ergebnisse deutlich sichtbarer, als wenn in vielen Bereichen jeweils nur ein wenig erreicht würde.

 

          Ein paar Beispiele für ein mögliches, grün-schwarzes Regierungsprogramm:

Hier in Kreuzberg-Friedrichshain haben wir die bundesweite Hochburg und mit Hans-Christian Ströbele den einzigen Grünen-Wahlkreisabgeordneten direkt gewählt. Einen Baustop  der A100 in unseren Wahlkreis halte ich für eine conditio sine qua non.

Die Emissionsrechte für CO2 müssen verknappt werden, damit Kohlekraftwerke gar nicht erst gebaut werden. Die UN-Klimaschutzverhandlungen 2015 werden nicht leicht, aber wenigstens sollte Deutschland diese mit ernsthaften und weitreichenden Angeboten  unterstützen. 

Ein festes Tempolimit bei 120 km/h auf Autobahnen wäre für die Union ein harter Brocken, würde wohl allzu viele Konzessionen an anderer Stelle erfordern. Hier könnte man auch andere Kompromisse suchen, wie beispielsweise eine in jedem einzelnen Auto in der Motorsteuerung eingestellte Obergrenze für den Benzinverbrauch bei  4 Litern pro Stunde Autobahn-Fahrtzeit (oder z.B. bei 3 Liter/100 km; für Diesel entsprechend niedriger): Wessen Auto das nicht einhalten kann, der darf wenigstens 100 km/h oder sogar 120 km/h fahren. Die meisten Vorteile eines allgemeinen Tempolimits wären dann auch verwirklicht (Angleichung der gefahrenen Geschwindigkeiten, weniger Lärm, weniger Abgase). Aber es gäbe noch ein gewisses Ventil, mit besonders sparsam gebauten Fahrzeugen schneller fahren zu können als andere. Das würde den Widerstand der Autoindustrie und der Sportwagenfraktion umgehen und die technische Entwicklung der Autoindustrie in eine wünschenswertere Richtung lenken.
                 Details zum „alternativen Tempolimit“ siehe www.j-fa.de/Verbrauchsbegrenzung.pdf

In der Agrarpolitik müssen umweltschädliche Subventionen enden. Medikamente dienen der Gesundheit und nicht der billigeren Tierproduktion.

 

Bei allen einschneidenden Maßnahmen muss den Wählern die grüne Verantwortung ersichtlich sein, für die Grün-Wähler als Erfolgsnachweis, für die Union-Wähler mit anderem Vorzeichen.

Mit acht oder 26 Prozent kann man nicht die Richtlinien der gesamten Politik bestimmen.
Aber auch mit sieben Prozent kann man Wünsche anmelden. Wenn auf besonderen Wunsch der CSU die Herdprämie vier Jahre lang gezahlt würde, bis nach der nächsten Wahl neu entschieden wird, wäre das kein Weltuntergang. Eine Autobahnmaut ebensowenig, wenn sie streckenbezogen bzw. tageweise abgerechnet würde und gleichzeitig Kommunen eine Citymaut einführen können.

Beim Steuer- und Adoptionsrecht für Homosexuelle kann die Union sicherlich nachgeben, wir müssen aber wissen, dass es trotzdem auch homophobe Sachbearbeiter und Richter geben wird, die im Einzelfall über das Kindeswohl urteilen.

Sagt zu Frau Merkel doch einfach, „wir kümmern uns um Verkehr :-) und Umwelt, den Rest überlassen wir (noch) vier Jahre lang Euch.“

 

Sondierungsgespräche mit der Kanzlerin kann die neue Fraktionsführung machen, mit dem Blick nach vorn. Als Bundesminister wären jüngere Grüne mit Erfahrungen aus Landesregierungen besonders geeignet, vielleicht wird auch ein(e) ExpertIn ohne Parteibuch nominiert.

Es geht um vier Jahre Politik für unser Land. Die Lebensumstände werden weit über diese vier Jahre hinaus beeinflusst. Die Diskussion über die Inhalte einer grün-schwarzen Koalition und mögliches Regierungspersonal muss jetzt geführt werden.

Gutes Gelingen wünscht            

Joachim Falkenhagen  Grimmstr. 9, 10967 Berlin-Kreuzberg  www.j-fa.de  Dieser Text:  www.j-fa.de/sg.html